Archiv der Kategorie: Wissen

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Die Öko-Lüge

Wie Sie den grünen Etikettenschwindel durchschauen.

öko-lügeStefan Kreutzberger
Ullstein 2012
Berlin. 300 Seiten.

Immer mehr Verbraucher kaufen Bio- und Ökoprodukte. Doch nicht alles, was unter »Bio« produziert und vermarktet wird, ist es wirklich. So garantieren Ökosiegel, Sozialzertifikate und Selbstverpflichtungen der Wirtschaft oft nur die Einhaltung von Minimalstandards. Für Verbraucher ist die Vielzahl der Prüfsiegel wenig transparent und nicht nachprüfbar. Ökostrom, Umweltfonds und ökologische Lebensversicherungen sind »grün gewaschen« – investiert wird auch in Unternehmen, die nicht ökologisch arbeiten. Höchste Zeit, aus dem schönen Ökotraum aufzuwachen. Der Autor blickt hinter die Kulissen der Ökoindustrie und enthüllt, wie und wo Verbraucher mit grünen Etiketten manipuliert und betrogen werden. Gleichzeitig gibt er konkrete Empfehlungen, welche Produkte mit gutem Gewissen gekauft werden können.

Öko-Lüge ist ein hilfreicher Wegweiser durch den Dschungel der Siegel und Zertifikate. Wer Sicherheit für seine Kaufentscheidungen sucht, sollte dieses Buch zur Hand nehmen.

„Viele seiner Beispiele sind in den letzten Monaten bereits ausführlich in der Presse behandelt worden wie zum Beispiel die heftige Diskussion über Biosprit und die negativen Folgen für die weltweite Nahrungsmittelproduktion. Oftmals holt der Autor weit aus, um seine Vorwürfe zu untermauern, wie zum Beispiel bei den Pestiziden, bei denen er die angebliche Unbedenklichkeit der chemischen Spritzmittel widerlegt.

Sein reißerischer Buchtitel „Die Öko-Lüge“ verspricht allerdings mehr, als er liefert. In einer ganzen Reihe von Fällen wie zum Beispiel bei klimaneutralem Reisen, Biowaren oder fairem Handel ergaben die Recherchen weniger Betrügereien als vielmehr Deklarationswirrwar. Der Verbraucher steht einer Reihe von Öko-Zeichen gegenüber, die sich alle als grün verstehen, aber sehr unterschiedliche Kriterien erfüllen und das reicht von wirklich grün bis eher grün angehaucht.

Der Autor hilft hier mit konkreten Hintergrundinformationen, sich in diesem Irrgarten der Ökoetiketten besser zurechtzufinden. So ist sein Buch eine flott lesbare, faktenreiche Mischung aus Entlarvung und Verbraucheraufklärung mit zahlreichen Empfehlungen. “
Johannes Kaiser, Deutschlandradio Kultur 12.05.2009

Technik, Medizin und Ethik

Zur Praxis des Prinzips Verantwortung.

Technik, Medizin und EthikHans Jonas
Suhrkamp Verlag 1987
Frankfurt am Main. 324 Seiten.
schwere Kost!

In dem Buch Technik, Medizin und Ethik probiert Jonas die Anwendung des ‚Prinzips Verantwortung‘ an paradigmatischen Fällen im Felde biologischer Forschung und ärztlicher Praxis aus.

„Wenn die Technik den Menschen zum Gegenstand hat, wenn das Experiment am Menschen den wissenschaftlichen Fortschritt sichern soll, dann spätestens ergibt sich die Frage um „Gut und Übel“. Die moderne Humanbiologie mit ihren „Machbarkeiten“ biogenetischer und medizinischer Technik haben das „Prinzip Verantwortung“ des Verfassers vorliegender Neuerschei nung auf den Plan gerufen. Darf die Technik, darf die Medizin, was sie kann? Die Hochtechnologie in Naturwissenschaft und Medizin fordert neue Normen von „Gut und Böse“, die im „Prinzip Verantwortung“(4. Auflage 1985 im Insel Verlag) schon angedeutet werden. Der Autor gibt bedenkenswerte Antworten auf die Fragen, warum die moderne Technik ein Gegenstand für die Ethik ist; soll sich eine wertfreie Wissenschaft in ihrer Forschung der Selbstzensur unterwerfen in der Freiheit ihres Tuns und zum öffentlichen Wohl? Jonas behandelt aus seinem „Prinzip Verantwortung“ den medizinischen Fortschritt mit dessen Experimenten an menschlichen Subjekten, die Entwicklung der Eugenik zur Gentechnologie letztlich als Problem einer neuen Schöpferrolle des Menschen.“

Hannes Sauter-Servaes, Singen
Deutsches Ärzteblatt 1986; 83(39): A-2641

Das Prinzip Verantwortung

Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation.

das prinzip verantwortungHans Jonas
Suhrkamp Verlag 2003
Frankfurt am Main. 426 Seiten.
schwere Kost!

Der endgültig entfesselte Prometheus, dem die Wissenschaft nie gekannte Kräfte und die Wirtschaft den rastlosen Antrieb gibt, ruft nach einer Ethik, die durch freiwillige Zügel seine Macht davor zurückhält, dem Menschen zum Unheil zu werden. Das Prinzip Verantwortung muss heute in erster Linie dafür eingesetzt werden, zu bremsen, zu schützen, zu bewahren und so eine Entwicklung zu verhindern, die zum Untergang der Menschheit führen könnte. Der Mensch ist mit dieser Bestimmung zur Verantwortung herausgefordert wie noch nie in der Geschichte. Eine solche Aufgabe ist im Privatbereich nicht mehr zu bewältigen, sondern nur noch im politisch-gesellschaftlichen.

Wir haben die Wahl

Ein Plan zur Lösung der Klimakrise.

Wir haben die WahlAl Gore
Riemann Verlag 2009
München.  416 Seiten.

Der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore hat persönlich über 30 „Lösungs-Gipfel“ mit Wissenschaftlern, Technikern und politischen Beratern geleitet, um alle Maßnahmen auszuloten, die das Klima der Erde retten können. Er arbeitet eng mit den wichtigsten Verantwortlichen zusammen, um international verbindliche Vereinbarungen im Sinne von Schadstoffreduzierungen zu erreichen. Gore dokumentiert, dass die mutigen Entscheidungen, die für den Klimaschutz notwendig sind, neue Arbeitsplätze schaffen und helfen, unsere Wirtschaft zu wirklicher Nachhaltigkeit umzubauen. Wir haben die Wahl wird eine globale Debatte darüber auslösen, wie wir die schwierigste Krise der Menschheitsgeschichte angehen können und müssen. In eindringlicher und klar verständlicher Sprache geschrieben, präsentiert es Bilder und sensationelle Grafiken für die notwendigen Schritte zur Entschärfung der Klimakrise. Es wird die vielen Menschen ansprechen, die Gores dramatische Beschreibung der Klimaveränderungsfolgen in „Eine unbequeme Wahrheit“ nachvollziehen und bereit sind, sich für Lösungen unseres globalen Dilemmas zu engagieren. Angesichts der Gefahr, die der menschlichen Zivilisation droht, wird Al Gores Weckruf die Grenzen der globalen Zusammenarbeit und des politisch Machbaren deutlich erweitern.

Intelligent wachsen

Die grüne Revolution.

Intelligent wachsenRalf Fücks
Hanser Verlag 2013
München. 362 Seiten.

Während alle Welt nach „Wachstum“ ruft, leuchten die ökologischen Warnsignale dunkelrot: Klimawandel, Wasserkrise und die Verknappung fruchtbarer Böden. Müssen wir uns also vom Wirtschaftswachstum verabschieden? Ralf Fücks weist mit seinem Buch Intelligent wachsen einen dritten Weg: den Aufbruch in die ökologische Moderne. Mit einer radikalen Umstellung von Energie, Verkehr, Städtebau, mit hocheffizienten Technologien und intelligenten Stoffkreisläufen können wir Wohlstand für bald 9 Milliarden Menschen schaffen und zugleich die natürlichen Ressourcen schonen. So lässt sich auch die größte ökologische Herausforderung der Zukunft bewältigen: das stürmische Wachstum der Länder des Südens, deren Aufstieg gerade erst begonnen hat. Ein Buch gegen Zukunftspessimismus, eine Blaupause für den ökologischen Fortschritt.

Die Erde, der bedrohte Planet

Mensch, Natur und Klimawandel

Die ErdeDavid Burnie
arena Verlag 2009
Würzburg. 63 Seiten.
ab 9 Jahre

Alle reden darüber, dieses Buch informiert! Im Jahr 2100 werden doppelt so viele Menschen auf unserem Planeten leben wie heute. Damit das Ökosystem Erde auch weiterhin funktioniert und alle eine Zukunft haben, müssen wir uns vielen Aufgaben stellen: Schutz von Umwelt, Natur und Tieren, sparsamer Umgang mit Energie, Recycling, Maßnahmen gegen den Klimawandel. Dieses Buch erklärt anschaulich und spannend, wie wir unseren Planeten am besten schützen.

Wir Wettermacher

Wie die Menschen das Klima verändern und was das für unser Leben auf der Erde bedeutet.

wir wettermacherTim Flannery
S. Fischer Verlag 2006
Frankfurt am Main. 397 Seiten.

Verheerende Hurrikans, Frühlingswetter im November, schmelzende Gletscher, verdorrende Felder: Was wir als „Klimawandel“oder“Treibhauseffekt“kennen, nimmt immer schärfere, immer bedrohlichere Züge an – zum Teil direkt vor unserer Haustür.
Der Naturforscher und Klimahistoriker Tim Flannery zeigt uns in „Wir Wettermacher“ eindrucksvoll, wie fatal die Lage wirklich ist, in welche die Menschheit sich gebracht hat: Wir müssen auf der Stelle handeln, um diese Entwicklung noch umzudrehen. Denn die Wettermacher, das sind wir!
Sie werden überrascht sein, wie viel Sie tun können – dieses Buch wird Ihr Leben
verändern!

„Tim Flannery will aufrütteln mit seinem Buch und er wendet sich nicht von ungefähr an Laien – an uns alle, denn wir alle sind hier gefragt. Wir dürfen, so der Autor, eine Entscheidung, die Leib und Leben von Milliarden von Menschen und die gesamte Natur dieses Planeten betrifft, nicht allein Fachgremien überlassen. Wir müssen Druck ausüben – zum einen sollten wir ganz deutlich das Thema in unserer Wahlentscheidung eine Rolle spielen lassen.

Und so lange effektive Gegenmaßnahmen fehlen, sollten wir zum anderen persönlich dafür sorgen, dass wir unseren Strom aus nachhaltiger Stromproduktion beziehen und unsere Fortbewegung umweltverträglich gestalten.“
Susanne Billig, Deutschlandradio Kultur 02.03.2006


Empört euch!

Empört euchStéphane Hessel
Ullstein 2011
Berlin. 30 Seiten.

Mit eindringlichen Worten ruft Stéphane Hessel zum friedlichen Widerstand gegen die Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft auf. Gegen die Diktatur des Finanzkapitalismus, gegen die Unterdrückung von Minderheiten, gegen die ökologische Zerstörung unseres Planeten. »93 Jahre. Das ist schon wie die allerletzte Etappe. Wie lange noch bis zum Ende? Die letzte Gelegenheit, die Nachkommenden teilhaben zu lassen an der Erfahrung, aus der mein politisches Engagement erwachsen ist.« Stéphane Hessels Streitschrift bewegt die Welt. Der gebürtige Berliner war Mitglied der Résistance, hat das KZ Buchenwald überlebt und ist einer der Mitautoren der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen. Mit emphatischen Worten ruft der ehemalige französische Diplomat in „Empört euch!„zum friedlichen Widerstand gegen die Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft auf. Er beklagt, dass der Finanzkapitalismus die Werte der Zivilisation bedroht und den Lauf der Welt diktiert. Er prangert die Lage der Menschenrechte an, kritisiert die Umweltzerstörung auf unserem Planeten und verurteilt die Politik Israels im Gaza-Streifen als Demütigung der Palästinenser. Stéphane Hessel ist das Gewissen der westlichen Welt und »Frankreichs Rebell der Stunde« (FAZ).

Vom Verzehr wird abgeraten

Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht.

Vom Verzehr wird abgeratenHans-Ulrich Grimm
Droemer Verlag 2012
München. 319 Seiten.

Wussten Sie, dass die Herzschutz-Margarine dem Herzen, und der ACE-Saft dem Embryo schaden kann? Wussten Sie, dass dem Essen zugesetztes Kalzium vielleicht einen Knochenbruch verhindert – aber ebenso vielleicht einen Herzinfarkt bewirkt? Wussten Sie, dass es in Deutschland pro Jahr mehr Vitamintote als Verkehrstote gibt? Hans-Ulrich Grimm deckt in „Vom Verzehr wird abgeraten“ auf, was im Functional Food wirklich wirkt – und was den Konsumenten droht. Schon rechnen Versicherungen mit steigenden Krankheitskosten sowie Produkthaftungsfällen und stufen die angeblichen Gesund-Produkte aus dem Supermarkt als Risiko ein. Grimm zeigt, wie die Geschäftsstrategien der Industrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen. Er leuchtet die Wirklichkeit hinter der Werbefassade aus und untersucht die Methoden der Irreführung. Und Grimm recherchiert, wie Wissenschaftler aus staatlichen Instituten und den Labors der Konzerne sich verbrüdern – zum Schaden von ernährungsbewussten Verbrauchern.

Wohlstand ohne Wachstum

Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt.

Wohlstand ohne WachstumTim Jackson
oekom Verlag 2011
München. 231 Seiten.

Wachstum ist nicht alles, aber ohne Wachstum ist alles nichts – ist dieses Ökonomen-Mantra noch zukunftsfähig? Und wenn ja, ist es dann auch vertretbar angesichts weltweiter ökologischer Schäden und wohlfahrtsgefährdender ökonomischer Krisen? Nein, meint der britische Ökonom Tim Jackson, aber er predigt deshalb nicht die ökonomische Abstinenz oder die Rückkehr zum Jagen und Sammeln. Sein Ansatz geht über strukturelle Korrekturen der ökonomischen Systeme und ökologische Schönheitsreparaturen hinaus und zielt letztlich auf eine veränderte Definition von Lebenszufriedenheit und Wohlstand. Jackson regt mehr Investitionen in öffentliche Güter und die stärkere Betonung sozialer und ökologischer Verantwortung in den Unternehmensstrukturen an. Rechte und Pflichten der ökonomisch Handelnden sollen enger verschränkt werden. Das Buch macht deutlich, dass dem Wohlstand ohne Wachstum hohe Hürden gegenüberstehen. Es gehe aber, so Jackson, darum, an den Wandel zu glauben und sich für ihn einzusetzen.

Einige Positionen in diesem Buch:

Gewinnstreben und Verbrauchernachfrage treiben das Wachstum an.

Effizienzsteigerungen reichen nicht aus, den Ressourcenverbrauch durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu kompensieren. Für eine absolute Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch, also die Abnahme des Ressourcenverbrauchs bei steigendem Wachstum, wäre jedoch ein Überkompensation notwendig.

Zunehmende Arbeitsproduktivität führt zu mehr Wachstum und Ressourcenverbrauch. Bei gleichbleibendem oder geringeren Verbrauch führt sie zu Arbeitslosigkeit.

Ein Weg zu einer ökologischen Makroökonomie besteht darin, den Konsum zugunsten „grüner“ Investitionen zurückzuführen. Das Bedürfnis in der Rezession zu sparen wird damit befriedigt und gleichzeitig Kapital für Investitionen bereitgestellt und der Konsum reduziert.

Grüne Investitionen wären Investitionen in Ressourcenproduktivität, erneuerbare Energien, saubere Technologien, Klimaanpassung und Stärkung der Ökosysteme.

Wohlstand ist nicht mit Einkommen gleichzusetzen. Höhere Einkommen und Ungleichheit der Einkommen schadet dem Wohlstand, weil es Scham und Konsumismus fördert, denn wir definieren uns über unseren Konsum.

Trotz vieler Gegeninitiativen ist es schwierig, den herrschenden Konsummustern zu entkommen, da gesellschaftlich falsche Anreize gesetzt werden. Staatliche Förderung des Individualverkehrs, niedrige Gehälter für soziale Berufe, fehlende Förderung von Sparanstrengungen, oft schwieriges Recycling oder fehlende CO2-Abgabe gehören dazu. Von staatlicher Seite braucht es den Abbau falscher Anreize für nichtnachhaltigen Wettbewerb um Status, und den Aufbau neuer Strukturen, die Menschen befähigen, zu gedeihen und auf weniger materialistischer Art am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Ein Element dieser Strategie ist der Abbau sozialer Ungleichheit.

Das Streben nach materiellem Wohlstand untergräbt die Grundlagen dafür, Wohlstand für alle zu schaffen.

Dauerhafter Wohlstand ist nur zu erreichen, wenn Menschen die Fähigkeit haben, innerhalb der ökologischen Grenzen des Planeten zu leben.

Erreicht wird das durch:

  • Ökologisch bewusste Makroökonomie, um die strukturelle Abhängigkeit vom Konsumismus zu reduzieren.
  • Die Logik des Konsumismus verändern. Da die Umgestaltung der Grundversorgungssysteme (Ernährung, Wohnen, Mobilität) auf Nachhaltigkeit nicht ausreicht, müssen Alternativen gefunden werden, wie alle Menschen die Chance auf vollwertige Teilnahme am gesellschaftlichen Leben haben.

Die Rolle der Regierung

Es ist Aufgabe der Regierung, wirtschaftliche Stabilität zu sichern (→ Hermann). Daher wurde das Eingreifen des Staates in der Finanzkrise akzeptiert. Gesellschaftliche Normen werden durch den Staat gesetzt. Es entscheidet über Bildungs- und Beschäftigungspolitik, durch Produktnormen, Steuern und Abgaben, Regulierung und Unterstützung von Medien und Initiativen.

Aufgabe des Staates ist es, individuelle Freiheiten gegen das Allgemeinwohl abzuwägen. Um langfristiges Wohlergehen gegenüber kurzfristige Annehmlichkeiten zu sichern gibt (gab) es „Instrumente der Selbstverpflichtung“, wie Sparkonten, die Institution Ehe, Normen für soziales Verhalten und den Staat.

Eigennutz, die schwindende Bereitschaft, bindende Verpflichtungen einzugehen, ist strukturelle Folge des Reichtums und strukturelle Voraussetzung für Wachstum. Gleichzeitig höhlt Wachstum die Instrumente zur Selbstverpflichtung aus.

Individuelles Streben nach Neuem ist Voraussetzung für Konsumwachstum, von dem die ökonomische Stabilität abhängt. Da die Regierung für die Stabilität der Volkswirtschaft verantwortlich ist, wird dieses Streben gefördert.

Der Staat steht vor dem Dilemma, das Allgemeinwohl vor Übergriffen des Marktes zu schützen, als auch für die Stabilität der Wirtschaft zu sorgen. Daher kann er unter den herrschenden Bedingungen nicht anders, als dem Wirtschaftswachstum den Vorrang zu geben. Eine Änderung zu mehr Nachhaltigkeit ist nur mit dem Staat zu erreichen, der ein demokratisches Mandat voraussetzt.

„Ein Regierungsmodell, das den Wohlstand im Auge hat, verfolgt die gleichen Ziele, die auch für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem wichtig sind. Das Wachstum hat den Staat in eine Zwickmühle gebracht. Errettet man die Wirtschaft aus diesem Dilemma, hat auch der Staat die Chance, zumindest sich selbst zu retten.“

Empfehlungen für den Weg in ein nachhaltiges Wirtschaftssystem

Die Grenzen festsetzen

  • Obergrenze für Ressourcen und Emissionen sowie Reduktionsziele. Gleichheit und ökologische Grenzen verknüpfen durch das Modell „Kontraktion und Konversion“, d.h. die Pro-Kopf-Zuteilung innerhalb der ökologischen Grenzen, wobei die Obergrenze auf ein nachhaltiges Niveau abgesenkt wird.
  • Steuerreform für Nachhaltigkeit. Ökologisch schädliche Aktivitäten (Umweltbelastung) werden besteuert, wirtschaftlich Erwünschtes (Einkommen) entlastet.
  • Ökologischen Wandel in Entwicklungsländern unterstützen. Raum für dringend nötiges Wachstum in ärmeren Ländern schaffen und auf Nachhaltigkeit anlegen. Diese Wachstum wird durch Binnenkonsum und Handel zwischen den sich entwickelnden Ländern gestützt.

Das Wirtschaftsmodell reparieren

  • Eine ökologische Makroökonomie entwickeln. Statt in Produktionswachstum in den strukturellen Übergang auf kohlenstoffarme, arbeitsintensive Aktivitäten investieren.
  • In Arbeitsplätze, Vermögenswerte und Infrastruktur investieren.
    – Gebäude sanieren, energie sparen, CO2-arm werden
    – Erneuerbare Energien förden
    – Versorgungsnetze umgestalten
    – Öffentliche Transportmittel ausbauen
    – Öffentliche Räume schaffen
    – Ökosysteme erhalten und schützen
  • Mehr finanzielle und steuerpolitische Umsicht. Finanzmärkte reglementieren, destabilisierende Finanzpraktiken verbieten, exzessive Vergütungen beschneiden, mehr Anreize für das Sparen in Inland schaffen.
  • Steuern auf internationale Devisentranfers (Tobin-Steuer)
  • Öffentliche Kontrolle der Geldmenge, d.h. Kredite müssen voll durch Reserven der Bank abgesichert sein.
  • Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung revidieren. Statt des BIP sind aussagekräftigere Indikatoren nötig, bspw. Verteilung von Einkommen, Entwicklung des Naturkapital, Umweltverschmutzung, soziale Kosten, Dienstleistungen außerhalb des Marktes (Hausarbeit, Ehrenamt) einbeziehen. Die Gesamtrechnung ist von „defensiven“ Ausgaben und Statuskonsum zu bereinigen.

Die gesellschaftlich Logik ändern

  • Regulierung der Arbeitszeit. Wenn die Produktion gedeckelt wird, muss die Arbeit geteilt werden, um den Lebensstandard zu sichern. Vorteile wären höhere Flexibilität bei den Arbeitszeiten, keine Benachteiligung von Teilzeitarbeit.
  • Die systembedingte Ungleichheit bekämpfen. Dadurch sinken soziale Kosten, erhöht sich die Lebensqualität, und die Dynamik des Statuskonsums ändert sich. Dazu gehören neue Strukturen bei der Bemessung der Einkommenssteuer. Unter- und Obergrenze bei Einkommen, verbesserter Zugang zu Bildung, Gesetze gegen Diskriminierung und die Verbesserung des örtlichen Umfelds in benachteiligten Gegenden.
  • Gedeihen und Fähigkeiten messen. Als Maß für Wohlstand könnte Lebenserwartung, Bildungsteilhabe, Vertrauen, Belastbarkeit von Gemeinschaften und Teilhabe am öffentlichen Leben dienen.
  • Das Sozialkapital stärken. Öffentliche Räume schaffen und schützen, lokale Initiativen für Nachhaltigkeit fördern, Arbeiten und Wohnen zusammenführen, Fortbildung für „grüne“ Berufe, bessere Zugänge zu lebenslangem Lernen schaffen, größere Planungshoheit für örtliche Verwaltungen, öffentlichen Rundfunk, Museen, Bibliotheken, Parks und Grünflächen sichern.
  • Die Kultur des Konsumismus abbauen.
    – Verbot der kommerziellen Werbung, die an Kinder gerichtet ist
    – Schaffung werbefreier Zonen
    – Staatliche Förderung öffentlicher Medien
    – Richtlinien für den Handel (Fairness, Obsoleszenz)
    – Alternativen zum Lebensstil als Konsument schaffen

„Die Finanzkrise von 2008 hat eines ganz klar gezeigt: Unser derzeitiges Modell für wirtschaftlichen Erfolg ist von Grund auf falsch. Für die hoch entwickelten Volkswirtschaften der westlichen Welt ist Wohlstand ohne Wachstum kein utopischer Traum mehr, er ist eine finanzpolitische und ökologische Notwendigkeit.“

Hierzu auch der Gastbeitrag von Tim Jackson in der ZEIT 44/2011