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Alle Beiträge von Stefan

Das terrestrische Manifest

Das terrestrische ManifestBruno Latour
edition Suhrkamp 2018
Berlin. 136 Seiten.

Eine Serie politischer Unwetter hat die Welt durcheinandergebracht. Die Instrumente, mit denen wir uns früher orientierten, funktionieren nicht mehr. Verstanden wir Politik lange als einen Zeitstrahl, der von einer lokalen Vergangenheit in eine globale Zukunft führen würde, realisieren wir nun, dass der Globus für unsere Globalisierungspläne zu klein ist. Der Weg in eine behütetere Vergangenheit erweist sich ebenfalls als Fiktion. Wir hängen in der Luft, der jähe Absturz droht.

In dieser brisanten Situation gilt es zuallererst, wieder festen Boden unter den Füßen zu gewinnen und sich dann neu zu orientieren. Bruno Latour unternimmt in „Das terrestrische Manifest“ den Versuch, die Landschaft des Politischen neu zu vermessen und unsere politischen Leidenschaften auf neue Gegenstände auszurichten. Jenseits überkommener Unterscheidungen wie links und rechts, fortschrittlich und reaktionär plädiert er für eine radikal materialistische Politik, die nicht nur den Produktionsprozess einbezieht, sondern auch die ökologischen Bedingungen unserer Existenz.

Pressestimmen

»Latour nimmt die durchschnittliche europäische Gewöhnungsnormalität angesichts des Klimawandels nicht hin. Er will die Schockstarre lösen: Gesucht wird die Erde, auf der Menschen sich erden können. Gesucht wird: Politik.«

Elisabeth von Thadden, Die ZEIT

»Latours Buch ist eine politische Programmschrift … Das Manifest will sein Publikum vom Kopf auf die Füße stellen. Im Titel liegt auch eine Aufforderung: Kommt auf den Boden der Tatsachen! Wacht auf!«

Hendrikje Schauer, Der Tagesspiegel

»Niemand hat die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen wir heute leben, scharfsinniger analysiert als [Bruno Latour].«

Bernhard Malkmus, der Freitag 21/2018

Die grüne Lüge

Grüne Lügen – je absurder sie sind, desto bereitwilliger werden sie geglaubt

Die grüne Lüge

Katrin Hartmann
Blessing Verlag 2018
München, 240 Seiten.

Aus der Zusammenarbeit mit Werner Boote, mit dem zusammen sie das Drehbuch für seinen Film „The Green Lie“ (ab März 2018 in den Kinos) verfasste, in dem sie auch selbst mitwirkt, entstand dieses aufrüttelnde Buch.

Greenwashing, also das Bemühen der Konzerne, ihr schmutziges Kerngeschäft hinter schönen Öko- und Sozialversprechen zu verstecken, ist erfolgreicher denn je. Aber jenseits der grünen Scheinwelt schreitet die Zerstörung rapide fort. Laut dem Global Footprint Network lebt die Weltbevölkerung derzeit so, als hätte sie 1,6 Erden zur Verfügung. Würden alle auf der Welt so konsumieren, wie es Menschen in reichen Ländern wie Deutschland tun, bräuchte es 3,1 Erden, um den „Bedarf“ zu decken. Der Verbrauch pflanzlicher, mineralischer und fossiler Rohstoffe hat sich zwischen 1980 und 2010 von 40 auf 80 Milliarden Tonnen verdoppelt. Die Artenvielfalt nimmt ab, Wälder schwinden, Böden degradieren, Emission steigen und der Hunger wächst.

Alle wissen das. Trotzdem hält Greenwashing jedweder Aufklärung stand. Je gebildeter die Zielgruppe, je schädlicher das Produkt ist und je absurder das daran geknüpfte Öko-Versprechen, je offensichtlicher also die grüne Lüge ist, desto eher wird sie geglaubt.

Doch die Menschen wehren sich weltweit gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Wie der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya, der den Energiekonzern RWE vor einem deutschen Gericht verklagt.

„Das energische, aber letztlich doch eher wenig originelle Plädoyer der Autorin für kleinen und großen politischen Widerstand kann man naiv finden. Andererseits: Sie glaubt an die Macht des kollektiven Widersetzens. Das ist ein erfrischender Kontrapunkt zu dem Zynismus, der die Welt an die im Buch beschriebenen Abgründe gebracht hat.“
Anne-Kathrin Weber, Deutschlandfunk.

Die Preise lügen

Die Preise lügenBernward Geier, Volkert Engelsman (Hrsg.)
oekom Verlag 2018
München. 168 Seiten.

Warum uns billige Lebensmittel teuer zu stehen kommen

Ist es nicht toll, dass wir nur noch einen Bruchteil unseres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen? Alles so schön billig bei Aldi, Edeka & Co.! Doch was, wenn die Preise nur deshalb so niedrig sind, weil die Kosten abgewälzt werden – auf Umwelt, andere Länder, kommende Generationen? Oder wenn die Kosten durch die Hintertür wieder bei uns landen, weil die Ausgaben für Gesundheit steigen oder Wasser immer teurer aufbereitet werden muss?

Dann ist es an der Zeit zu handeln, denn nur wenn die Folgekosten konventionell produzierter Lebensmittel sichtbar gemacht werden, ist das System wieder gerecht. Und wenn die Preise endlich die Wahrheit sagen, wäre »normal« plötzlich viel teurer als »bio«. Dann würden wir ganz  automatisch das kaufen, was am besten für uns und unsere Umwelt ist.

Das Buch will das Momentum der Diskussion nutzen und befeuern. Die Beiträge geben einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Aspekte der Thematik, üben fundierte Kritik, zeigen aber auch konkrete Lösungsmöglichkeiten auf, etwa zu geeigneten Kommunikationsstrategien.

„Die Supermarktrechnung fiele natürlich höher aus, weil externe Effekte wie etwa Umweltschäden zu Buche schlagen. Um die die Ausgaben für Lebensmittel trotzdem einigermaßen im Rahmen zu halten, müsste man auf Anbaumethoden setzen, die günstiger sind, nämlich für die Natur, die Umwelt und damit auch für den Menschen. Dafür stiegen am Ende die Preise fürs Wasser oder auch die Ausgaben im Gesundheitswesen weniger stark an.“
Jutta Schilcher, BR

Dreimal anziehen, weg damit

Was ist der wirkliche Preis für T-Shirts, Jeans und Co?
Dreimal anziehen, weg damit

Heike Holdinghausen
Westend Verlag 2015, bpb
Frankfurt. 224 Seiten.

Was zieh ich an, damit ich ein gutes Gewissen haben kann?

Was zieh ich an? Diese Frage stellen wir uns täglich. Während Kleidung in Werbung und Alltag allgegenwärtig ist, ist ihre Produktion aus Deutschland hingegen so gut wie verschwunden. Hergestellt wird sie in Asien, meist unter menschen- und umweltfeindlichen Bedingungen – und das gilt nicht nur für Billigware! Heike Holdinghausen zeigt, was zu tun ist. Monatlich wechseln die Modeketten ihre Kollektionen, per Mausklick lassen sie sich nach Hause ordern. Noch nie konnten sich Menschen in den Industrieländern so leicht und billig Kleider kaufen wie heute. Für den Verbraucher sind die verschlungenen Lieferketten kaum zu durchschauen. Nur zaghaft bildet sich in der hiesigen Öffentlichkeit daher ein Bewusstsein dafür, dass der Kleiderberg einen Preis hat, den nicht die Kunden in den reichen Industrieländern zahlen, sondern die Arbeiter(innen) und die Umwelt in den Entwicklungsländern. Wir brauchen daher dringend mehr Übersicht im Labeldschungel für gute Kleidung – und strengere Gesetze für die Modekonzerne.

„Die wichtigste Auskunft hält die Verfasserin aber schon am Anfang des Buches bereit, in dem sie eine führende deutsche Branchenfachzeitschrift zitiert: Es sei einfach »zu viel Ware auf dem Markt«. Womit vielleicht hinlänglich beschrieben wird, woran ein auf Wachstum und immer kürzeren Modezyklen beruhendes System krankt – und woran jeder Einzelne beim Erwerb seiner nächsten Kleidungsstücke denken könnte und, ja, sollte. Der Preis für unser Kleidungs- und Konsumverhalten, das macht das Buch deutlich, wird sonst unweigerlich immer höher.
Magazin Restkultur

„Die meisten der Probleme, auf die Heike Holdinghausen ihren Finger legt, sind noch nicht ansatzweise gelöst, und manche davon sind über unsere Konsumentscheidungen auch kaum zu lösen. Was sie uns stattdessen anbietet, sind – abgesehen von der ohnehin wertvollen, präzisen Verortung dieser Wunden im globalen Textilgeschäft – eine Vielzahl von Inspirationen zu abweichendem, aber nichts weniger befriedigendem Einkaufsverhalten. Sie mag uns auch Mut machen. Denn die grossen Textilkonzerne, so zeigt sie auf, schielen mit regem Interesse auf jede Nische, die sich in ihrem gesättigten Markt auftut – und so auch eifersüchtig auf die wachsende Nachfrage nach ökologisch verträglicher, fair gehandelter Kleidung. Ein diesbezüglicher Fortschritt, das zeigt ihr Buch eindrucksvoll, wäre nicht nur unserem Gewissen, sondern dem gesamten Ökosystem Erde eine folgenreiche Erleichterung.“
Sacha Rufer, umweltnetz-schweiz.ch

„In leicht verständlichen Worten bringt Heike Holdinghausen dem Leser die vielen Aspekte und Probleme der Textilindustrie nahe, ohne einfache Antworten zu liefern. So beschreibt sie den Siegeszug der Baumwolle, der die traditionellen europäischen Fasern Flachs und Hanf vollkommen verdrängt hat. Zahlreiche Versuche, die alte Industrie wiederzubeleben, schlugen fehl oder wurden nur in Nischen umgesetzt – etwa in Museumsdörfern. Dennoch verweist das Buch auf viele Initiativen, die Mut machen, und auf Alternativen, wie man zumindest das geringere Übel wählen kann.“
KONSUMENT

 

Fleischatlas 2018

Rezepte für eine bessere Tierhaltung

Heinrich-Böll-Stiftung,  Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und Le Monde Diplomatique
Berlin. 52 Seiten.

Kein anderer Sektor trägt so massiv zum Verlust der Artenvielfalt, der Rodung von Wäldern und der Zerstörung unseres Klimas, der Gefährdung unserer Gesundheitssysteme und zum Leid der Tiere bei wie die industrielle Fleischproduktion. Die Folgen sind wissenschaftlich belegt und Land auf und ab diskutiert. Jetzt ist es höchste Zeit zu handeln: Sollen die Ziele der globalen Nachhaltigkeitsagenda 2030 und das Pariser Klimaabkommen erreicht werden, muss die Fleischproduktion grundlegend umgebaut werden.

Immer mehr Menschen in Deutschland sind dazu bereit – und wundern sich, dass die Politik so wenig tut. Denn ein Umbau der Tierhaltung ist keine Träumerei, sondern durchaus möglich: Das zeigt der „Fleischatlas 2018 – Rezepte für eine bessere Tierhaltung“, der die wichtigsten Instrumente und politischen Maßnahmen auf eine verständliche und visuell ansprechende Weise beschreibt. Für viele Auswirkungen der industriellen Tierhaltung liegen die Lösungen schon auf dem Tisch – es hapert jedoch am Willen der Politik, sie anzuwenden. Denn der Widerstand der globalen Fleischindustrie ist gewaltig.

Der Fleischatlas 2018 ist eine gemeinsame Veröffentlichung von BUND, der Heinrich-Böll-Stiftung und Le Monde Diplomatique. Er ist der vierte Atlas der Fleischatlas-Serie und präsentiert – anders als die vorherigen Atlanten – nicht nur die Probleme der Fleischindustrie und ihre Ursachen, sondern vor allem Chancen, Strategien und Instrumente für einen Wandel.

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Bundestagswahl 2017

Es ist mal wieder so weit: Am 24. September 2017 ist die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag, der Volksvertretung der Bundesrepublik Deutschland. Das ist die Gelegenheit, die Richtung der Politik zu bestimmen. Bestimmt braucht es im Anschluss an die Bundestagswahl noch oft unsere Einmischung als mündige Bürger, um klar zu machen, was wir für nötig und richtig halten. Eine friedliche und zukunftsfähige Welt wird nicht durch Meckern erreicht, sondern durch echte Veränderung und persönliches Engagement. Denn nicht nur unser persönliches (Konsum-)Verhalten bestimmt den Ökologischen Fußabdruck. Der Graue Footprint lässt sich nur durch gesellschaftliche Veränderungen beeinflussen. Dazu ist am 24. September wieder eine Gelegenheit. Wir haben die Wahl!

Die Programme der größeren Parteien, die sich für den neuen Bundestag zur Wahl stellen, in alphabetischer Reihenfolge.

Insgesamt hat der Bundeswahlausschuss 48 Vereinigungen als Parteien anerkannt.
Hier findest du die Programme der Parteien mit den größten Aussichten.

AfD (Alternative für Deutschland)
BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

CDU/CSU (Christlich Demokratische Union Deutschlands)

DIE LINKE

FDP (Freie Demokratische Partei)

SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands)

BundestagswahlVielleicht darfst du in diesem Jahr zum ersten Mal wählen und weißt nicht so richtig, welche Partei deine Interessen am besten vertritt. Vielleicht hast du schon einige Wahlen hinter dir, bist aber mit der Partei, die du bisher gewählt hast, unzufrieden. Ab dem 30. August hast du die Möglichkeit, mit dem Wahl-O-Mat zu ermitteln, welche Partei deine Interessen am ehesten vertritt.

Wir haben die Wahl

Ein Buchempfehlung von Petra Stechele

Unser Thema ist der Ökologische Fußabdruck, weil wir uns verantwortlich fühlen, dass auch andere Menschen auf diesem Planeten, die nicht das Glück haben, den reichen Ländern anzugehören, bekommen, was sie zu einem gelungenen Leben brauchen. Heute, aber auch in der Zukunft, jene Generationen, die uns folgen. Nicht zuletzt ist das der einzige Weg, so etwas wie „Frieden“ auf diesem Globus zu erreichen. Denn wir sind – und dies nicht als einzige – der Überzeugung, dass die meisten Auseinandersetzungen, die es zur Zeit weltweit gibt, Kriege um Ressourcen und die Verteilung sowohl von Gütern, als auch von Lebenschancen sind. Da wir, seit wir uns mit diesem Thema beschäftigen, immer mehr sehen, dass alles mit allem verflochten ist, wie das schon Mitte des vorigen Jahrhunderts Aldo Leopold festgestellt hat, möchten wir jene unterstützen, die mit uns sich gegen die populistischen „einfachen Lösungen“ wenden und damit das fragile Gleichgewicht des Planeten noch weiter destabilisieren.
 
Solch ein Projekt ist auch dieses Buch des Piper Verlages: Wir haben die Wahl. Warum wir gerade jetzt für unsere Freiheit einstehen sollten, das am 1. August erschienen ist. Die Autoren haben ihre Beiträge honorarfrei zur Verfügung gestellt.
„Die Gedanken und Konzepte der versammelten Beiträge sind so vielfältig wie die Demokratie selbst. Persönlich und nachdenklich machend, aufwühlend und kritisch möchten Andreas Altmann, Lamya Kaddor, Hape Kerkeling, Stephan Orth, Gisa Pauly, Jörg Steinleitner, Su Turhan und viele weitere Piper-Autorinnen und -Autoren ein Zeichen für eine Gesellschaft der Freiheit und Akzeptanz setzen.
Alle Beitragenden und Mitwirkenden, ob Drucker, Setzer oder Grafiker, haben auf ein Honorar verzichtet. Die gesamten Erlöse aus diesem Buch werden an gemeinnützige Organisationen gespendet: an die Münchner »SchlaU-Schule«, die junge Geflüchtete darin unterstützt, ihr Menschenrecht auf Bildung wahrzunehmen und das »Theater Grenzenlos«, ein inklusives Theaterprojekt, das unbegleitete minderjährige Geflüchtete und Münchner Schülerinnen und Schüler zusammenbringt.“
So heißt es im Pressetext des Verlages.
 
Und im Vorwort sagt Felicitas von Lovenberg, dass die „Texte, durch Reflexion das Bewusstsein dafür schärfen wollen, was derzeit auf dem Spiel steht“. „Es geht darum, wie wir gemeinsam und als Einzelne dazu beitragen können, dass die politischen und gesellschaftlichen Werte der Demokratie erhalten und gelebt werden, also darum, die Welt, so wie sie ist, ‚wohnlicher einzurichten‘, wie Andreas Altmann mit Bert Brecht mitreißend formuliert.“ „Der Prozess ihres Zustandekommen ist der beste Beweis für die Kraft eines gemeinsamen Anliegens“ und wendet sich „gegen die Bequemlichkeit jener Einstellung, dass es auf den Einzelnen nicht ankomme.“
 
Wir wissen, wie sehr es heute auf jeden von uns ankommt und wie viel demokratisches Engagement nötig ist, um die anstehenden Probleme zu lösen. So ist es auch unser Anliegen die Vielfalt dieser Gesellschaft zu erhalten, die Vielfalt allen Lebens auf unserem Planeten gegen Rassismus, Hass und ausgrenzende Aggression zu verteidigen und uns für Solidarität, Freiheit und Toleranz einzusetzen.
Dieses Buch ist Denkanstoß, Anregung und Ermutigung dazu.

Wir haben die Wahl

Warum wir gerade jetzt für unsere Freiheit einstehen sollten.

Wir haben die WahlHape Kerkeling, Andreas Altmann, Gisa Pauly, Bruno Jonas, Georg M. Oswald u.v.a.
Piper Verlag, 2017
München. 192 Seiten.

Deutschland im Jahr 2017. Donald Trump ist US-Präsident, Marine Le Pen geht in Frankreich auf Stimmenfang. Pegida verbreitet auf der Straße Fremdenhass, und mit der Alternative für Deutschland steht eine Partei zur Wahl, die sich scharfe und ausgrenzende Parolen zunutze macht. In dieser angsterfüllten Stimmung lässt sich kaum noch sagen, ob die politischen und gesellschaftlichen Werte der Demokratie Bestand haben werden – und gerade deswegen, finden die Autoren dieses Bandes, ist es Zeit, die Stimme zu erheben. Sie treten ein für eine offene und vielfältige Gesellschaft und schreiben an gegen die Bequemlichkeit der Unwissenheit, gegen Ignoranz und blinde Wut – damit uns das höchste Gut, die Freiheit, nicht verlorengeht.

Rezension bei Deutschlandfunk Kultur
Leseprobe

Earth Overshoot Day 2017

Jetzt geht’s ans Eingemachte

Es ist mal wieder soweit. Heute, am 2. August 2017 ist Earth Overshoot Day 2017. Das heißt, nach Berechnungen des Global Footprint Network (GFN) sind bereits sämtliche Rohstoffe und Naturleistungen aufge­braucht, die von der Erde innerhalb eines Jahres bereitgestellt werden können. Den Rest des Jahres leben wir von der Sub­stanz, und somit auf Kosten zukünftiger Generationen. Wobei das nicht so ganz stimmt, denn die Menschheit zahlt die Zeche für den Lebensstil in den reichen Industrienationen bereits jetzt. Der Klimawandel ist längst im Gange, verändert ganze Ökosysteme, vernichtet viele Tier- und Pflanzenarten und treibt Menschen zur Flucht, weil sie in ihrer Heimat nicht mehr leben können.

Das GFN berechnet für jedes Jahr den Tag neu, an dem der Ökologische Fußabdruck der Menschheit, also die Inanspruchnahme der Na­tur durch den Menschen, die Biokapazität der Erde übersteigt. Diesen Termin nennt man den „Welterschöpfungstag“ oder „Earth Overshoot Day“, und er wird in jedem Jahr früher erreicht.

Jede unserer Handlungen kostet Naturkapital. Das ist unum­gänglich und an sich nichts Schlimmes. Doch mit unserem Le­bensstil verbrauchen wir in jedem Jahr mehr, als sich im gleichen Zeitraum wieder neu bilden kann. Die Folge sind ausgelaugte Böden, überfischte Meere, Wüstenbildung und Artensterben. Auch der Klimawandel ist Folge der Übernutzung, denn durch die Verbren­nung fossiler Energieträger zum Stillen unseres Energiehungers, wird mehr Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre geblasen als von den Wäldern, Böden und Meeren gebunden werden kann. Damit machen wir viele Regionen dieser Erde bereits jetzt für Men­schen unbewohnbar und heizen Kriege um Ressourcen an.

Kennzahlen des Earth Overshoot Day 2017

Die Biokapazität der Erde ist zwischen 1990 und 2013 zwar fast um 10% angestiegen, doch gleichzeitig hat auch die Weltbevölkerung um etwa 35% zugenommen. Dadurch ist die Biokapazität pro Kopf global von 2,1 gha auf 1,7 gha um 19% zurückgegangen. In diesem Zeitraum hat sich der Ökologische Fußabdruck pro Kopf global um ca. 7% von 2,68 gha auf 2,87 gha vergrößert.

Stärker als im globalen Trend ist in Deutschland zwischen 1990 und 2013 die Biokapazität absolut um 32% angestiegen, das Bevölkerungswachstum dagegen nur um etwa 2%. Der Ökologische Fußabdruck hat in diesem Zeitraum entgegen dem globalen Trend absolut um fast 20% abgenommen. Damit ergibt sich eine Zunahme der Biokapazität pro Kopf um 29% von 1,74 gha auf 2,25 gha und eine Verringerung des  Footprints pro Kopf um 21% von 6,92 gha auf 5,46 gha. Um auf einen global verträglichen Ökologischen Fußabdruck zu kommen, müssen wir uns aber noch ein bisschen anstrengen.

Derzeit verbraucht die Menschheit die Naturleistungen von 1,7 Planeten mit der Qualität der Erde. Wollten alle Menschen der Welt so leben wie wir in Deutschland, bräuchten wir sogar 3,2 Er­den. Wenn wir die Erde als unseren Lebensraum erhalten und Fluchtursachen bekämpfen wollen, müssen wir unseren Natur­verbrauch einschränken.

Es braucht beides: Grundsätzliches Umdenken in Politik und Wirtschaft und Verhaltensänderungen jedes Einzelnen.

Gerade wurde uns wieder vor Augen geführt wo das Problem liegt: Im unerschütterlichen Glauben an die Sicherung des Wohlstandes durch Wirtschaftswachstum. Weil Politiker glauben, unseren Wohlstand nur durch die Förderung des Industriestandortes Deutschland sichern zu können, sterben hierzulande  jährlich über 20.000 Menschen an Feinstaub und Stickoxiden aus Dieselmotoren. Statt die Industrie durch strenge Vorgaben zur Entwicklung umweltverträglicher Technologien anzuhalten, deckt unsere Bundesregierung die Betrügereien der Autoindustrie. Es ist an der Zeit, dass sich etwas Grundlegendes ändert. Die Sicherung von Arbeitsplätzen darf nicht auf Kosten der Umwelt und damit der Gesundheit und des Lebens andere Menschen gehen. Es hat keinen Sinn, eine Technologie „umweltfreundlicher“ zu machen, die sich als unverträglich mit unseren Lebensgrundlagen erwiesen hat. Es müssen andere Lebens- und Mobilitätskonzepte her. Warum müssen immer mehr Menschen mit der Bahn oder dem Auto zur Arbeit? Fast 60 Prozent der Arbeitnehmer sind Pendler.

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt, vermeidet CO2-, Stickoxid- und Feinstaub-Emissionen. Ebenso indem durch Fahrgemeinschaften die Autos effektiver genutzt werden. Noch besser ist es, mit dem Fahrrad zu fahren. Wer mit Bahn und Bus in den Urlaub fährt, statt das Flugzeug zu nehmen, vermeidet CO2-Emissionen. Aber grundsätzlich ist auch die Frage zu stellen, warum man überhaupt so weit weg will? Einsparung von CO2-Emissionen sind auch möglich, indem wir Energie sparen, mäßig heizen und den Wohnraum gut zu dämmen. Auch eine fleischar­me Ernährung aus biologischer Landwirtschaft verringert den CO2-Ausstoß und ist gesünder für Mensch und Umwelt. Wohl­überlegter und sparsamer Konsum spart Ressourcen und Geld. Wenn Konsum nur dazu dient, uns kurzzeitig ein Glücksgefühl zu vermitteln, stimmt etwas in unserer Gesellschaft nicht.

Dass die Verringerung des ökologischen Fußabdrucks nichts mit Verzicht zu tun hat, zeigen bereits viele In­itiativen überall auf der Welt. Wir haben viele Möglichkeiten für einen zukunftsfähigen Lebensstil. Wir müssen sie nur nutzen.

Informationen zum Overshoot und weiterführende Links dazu findest du beispielsweise auf folgenden Internetseiten:

http://www.footprintcalculator.org/#!/
https://www.fussabdruck.de
https://www.footprintnetwork.org/de/index.php/GFN/
https://www.footprint.at (hier auch weitere Hintergrundinformationen)
https://take5.plattform-footprint.de
https://www.transition-initiativen.de/
https://www.overshootday.org/

Earth Overshoot Day 2017

 

Risikowahrnehmung

Dass unsere Risikowahrnehmung, also die Wahrnehmung von Gefahr wenig mit der Realität zu tun hat, ahnen wir alle. Wir fürchten uns vor Gewalttätern, obwohl die Zahl der Straftaten in den letzten Jahren etwa gleich blieb und die Zahl der Raubdelikte sogar rückläufig ist.  Zugenommen haben laut polizeilicher Kriminalstatistik vor allem politisch motivierte Gewalttaten. Wir sind von der Zahl von knapp 3.000 Toten beim Anschlag auf das World Trade Center in New York 2011 schockiert, interessieren uns aber nicht dafür, dass laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jeden Tag über 16.000 Kleinkinder an Hunger sterben. Das bedeutet, alle viereinhalb Stunden sterben genau so viele Kleinkinder, wie Menschen am 11. September 2011 im WTC starben.

Auch die Wahrnehmung der Gefahren, die uns direkt bedrohen ist verzerrt. Ein Beitrag im politischen Feuilleton des Deutschlandfunks vom 25. Juli 2017 bringt das sehr schön auf den Punkt. In seinem Beitrag „Wenn Abgase gefährlicher als Attentäter sind“ zeigt Stefan Kühl, wie verzerrt unsere Wahrnehmung von Gefahr ist.