Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert.
David R. Montgomery
oekom Verlag 2010, bpb 2011
München. 347 Seiten.
Wir treten ihn mit Füßen, kehren ihn als Schmutz aus dem Haus und nennen ihn abwertend „Dreck“: den Boden unter unseren Füßen. Dabei muss diese dünne Haut unseres Planeten alle menschlichen Zivilisationen tragen und ernähren.
Warum der vermeintliche Dreck Grundlage allen Lebens und damit auch unserer Zivilisation ist, erzählt der Geologe David R. Montgomery anhand spannender Geschichten aus der Geschichte. Aufstieg und Niedergang menschlicher Zivilisationen hängen am „Dreck“: Von den frühen Kulturen in Mesopotamien über das Römische Weltreich bis zur „Eroberung“ des Amerikanischen Westens hat der Mensch den Boden genutzt und gebraucht, zerstört und verwüstet – letzteres zum eigenen Schaden. Wo der Boden erodiert, verschwindet nach und nach auch die Zivilisation, die dies zulässt. Denn Boden ist – zusammen mit Wasser und Luft unsere wichtigste Naturressource. Weil das so ist, belässt Montgomery es nicht bei historischen Betrachtungen: Derzeit gehen jedes Jahr Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden durch falsche Landbewirtschaftung oder verfehlte Stadt- und Verkehrsplanung verloren. Montgomery geht diesem Aderlass auf den Grund und benennt Alternativen. Sein Buch ist ein leidenschaftliches Plädoyer für einen anderen, nachhaltigen Umgang mit dem „letzten Dreck“.
„Wir müssen dringend aufhören, die Landwirtschaft als einen Wirtschaftszweig unter anderen zu betrachten, bei dem allein der Profit entscheidet, fordert Montgomery. Es sei Zeit für eine neue Grüne Revolution. Die Landwirtschaft müsse sich den Böden anpassen, nicht umgekehrt. Die Kornkammern der Erde, die Lössböden Nordamerikas, Europas und Chinas, lassen sich in großem Stil bewirtschaften, wenn man schonend vorgeht und etwa auf das Pflügen verzichtet. Der übrige, empfindlichere Boden gehört in die Hände derer, die ihn bearbeiten. Verwalter, die aus dem Boden nur Profit erwirtschaften, ohne an die Zukunft zu denken, hätten schon das alte Rom ruiniert. Dezentral, ökologisch und arbeitsintensiv müsse die Landwirtschaft werden. Nur dann bestehe wenigstens eine Chance, die wachsende Weltbevölkerung dauerhaft zu versorgen.
In Ansätzen ist dies kurioserweise auf Kuba gelungen, als das Land sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf sich allein gestellt fand. Dünger und Spritzmittel waren nicht zu bekommen, also besannen sich die kubanischen Bauern auf traditionelle Düngemethoden und produzieren notgedrungen Bioqualität.“
Manuela Lenzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung 29.10.2010