Infrastrukturatlas
Daten und Fakten über öffentliche Räume und Netze
Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin 2020. 52 Seiten.
Öffentliche Infrastrukturen sind die Grundlage, auf der sich das gesellschaftliche Leben entfalten kann. Infrastrukturen schaffen Zugänge zu den Gütern eines selbstbestimmten Lebens. Sie eröffnen, wenn sie funktionieren, Teilhabechancen für alle Bürgerinnen und Bürger. Und sie sind der Schlüssel für die ökologische und soziale Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft. Wie wir heute unsere Infrastrukturen gestalten, entscheidet ganz maßgeblich darüber, wie wir morgen leben: Ob Fahrradweg oder Autostraße, ob Kupferkabel oder Glasfasernetz, ob Windenergie oder Atomkraft – jede Entscheidung für eine bestimmte Infrastruktur gleicht einem Vertrag mit der Zukunft.
Infrastrukturen waren lange ein Thema, das nur wenige interessiert hat. Zu technisch und sperrig wirkte der Begriff, zu abstrakt die damit verbundenen Fragen. Für die meisten Menschen waren Infrastrukturen einfach da. Schließlich werden sie von früh bis spät genutzt und als selbstverständlich wahrgenommen: die Wasser- und Stromversorgung zum Teekochen am Morgen; die Verkehrsinfrastruktur für den Weg zur Kita, zur Arbeit oder zum Sport; das Handy und der Chat für die Verbindung mit Familie, Bekannten oder im Beruf; die sozialen Infrastrukturen wie Bibliotheken, Schulen, Sport- und Freizeiteinrichtungen.
Im Zuge der Covid-19-Pandemie war plötzlich für alle ersichtlich, wie sehr wir uns im privaten und öffentlichen Leben auf Infrastrukturen verlassen. Auf einmal stand die Frage im Raum, ob sich gerade die „kritischen“ Infrastrukturen bewähren, etwa das Gesundheitswesen, die digitalen Kommunikationsnetze, aber auch die Versorgung mit Wasser, Strom und Lebensmitteln. Alle haben erlebt, was es heißt, wenn Infrastrukturen von einem Tag auf den anderen fehlen oder der Zugang eingeschränkt wird – wenn Kitas und Schulen über Monate schließen, Kinos, Clubs und Theater nicht mehr öffnen und Besuche in Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen nicht mehr zulässig sind.
So hat die Pandemie die öffentlichen Infrastrukturen weit oben auf die politische und gesellschaftliche Tagesordnung gesetzt. Doch unabhängig davon war schon klar: In den nächsten Jahren stehen wichtige Infrastrukturentscheidungen an. Nach Jahren einer „Republik auf Verschleiß“ steht die Erneuerung unserer Infrastrukturen an. Es gibt viel zu tun, denn Bund, Länder und Kommunen haben die Investitionen in die Infrastrukturen in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt. Dies trifft manche Regionen, vor allem aber viele Menschen hart. Es verschärft die Ungleichheit in der Gesellschaft und fördert die Unzufriedenheit. Ein Infrastrukturschub ist dringend geboten!
Hier setzt der Infrastrukturatlas an. Er illustriert, wie es um Infrastrukturen in Deutschland bestellt ist, von den Verkehrs-, Versorgungs- und Kommunikationsinfrastrukturen über Kitas und Krankenhäuser bis hin zu Dorfläden und Schwimmbädern. Er zeigt auf, wie trotz der Komplexität von Infrastrukturen gute politische Entscheidungsprozesse gelingen können und wie diese letztlich die Legitimation von Infrastrukturen stärken können. Vor allem aber verdeutlicht der Atlas, was Infrastrukturen leisten sollten, wie sie nachhaltig gestaltet und langfristig verändert werden können – und warum es sich lohnt, in die Infrastrukturen der Zukunft zu investieren, um etwa Bildungschancen für alle zu eröffnen, eine geschlechtergerechte Arbeitswelt zu ermöglichen und Verkehrsnetze ökologisch zu modernisieren. Dabei ist klar, dass Infrastrukturen nicht an nationalen Grenzen enden: Sie sind die Fundamente eines gemeinsamen Europas und einer vernetzten Welt.